Im Tiefkeller des Museums wurde eine zur römische Bauordnung absolut widersprüchliche Befundlage konserviert:
Während der Grabungen im Jahr 1981 entdeckte HR Dr. Herma Stiglitz eine Wasserleitung. Normalerweise besteht eine römische Wasserleitung aus einer Künette. Auf den sie flankierenden Mauern legte man Dachziegel (tegulae) spitz aneinander und überdeckte sie mit gewölbten Firstziegeln (imbrices). Stiglitz fand jedoch ein eingetieftes Gerinne mit beidseitiger stufenförmiger Erweiterung vor. Überspannt war die Carnuntiner Wasserleitung durch ein Gewölbe aus Bruchsteinen und Ziegeln. Die Ursache für diesen massiven Überbau wurde im Zuge weiterer Ausgrabungen verständlich. Direkt über der Trinkwasserleitung wurde eine Abwasserleitung entdeckt. Abwasserleitungen müssten gemäß der römischen Bauordnung aus hygienischen Gründen immer unter Trinkwasserleitungen durchgeführt werden, wenn sich eine Kreuzung derselben nicht vermeiden ließ. Ein Zuwiderhandeln wurde streng bestraft. Dennoch hat man sich im Carnuntiner Fall den Anordnungen widersetzt. Um die Gesundheit der Carnuntiner nicht zu gefährden, hat man auf eine fundierte Abdichtung geachtet, sodass ein Eindringen der Abwässer in die Frischwasserleitung verhindert wurde. Der Grund für dieses einzigartige Bauwerk lag vermutlich darin, dass der Kanal zeitlich nach der Frischwasserleitung gebaut wurde. Um das nötige Gefälle zu erreichen und einen eventuellen Rückstau zu umgehen, musste der Kanal über die Wasserleitung geführt werden. Dank modernster Bautechnik und einen eigens errichteten unterirdischen Schutzbau ist dieses einmalige Kreuzungsbauwerk für Besucher zugänglich.
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