Reiterlager

Beim Auxiliarkastell handelt es sich um eine militärische Anlage für römische Hilfstruppen. Die Angehörigen dieser Einheiten waren im Unterschied zu den Legionären keine römischen Bürger. Sie wurden vielmehr aus Völkerschaften innerhalb des Imperiums rekrutiert. Am Ende ihrer 25-jährigen Dienstzeit erhielten sie das römische Bürgerrecht. Diese Bürgerrechtsverleihung war ein bedeutender Anreiz zur Statusverbesserung, freiwillig in den Militärdienst einzutreten.
Die Besatzung bestand aus einer 500 Mann starken berittenen Eliteeinheit (ala quingenaria equitata), wobei die in Carnuntum stationierten Ala I Tungrorum Frontoniana, Ala I Hispanorum Aravacorum und Ala I Thracum Victrix nachgewiesen werden konnten.

Ziegelstempel der Ala I Thracum Victrix

Das erste Kastell wurde in der Regierungszeit Domitians (81–96 n. Chr.) errichtet, der im Kampf gegen Markomannen und Quaden die Donautruppen verstärkte. Die Errichtung dieses ca. 4 Hektar großen Holz-Erde-Lagers erfolgte wohl durch die Ala I Tungrorum Frontoniana, deren Anwesenheit durch eine Fibel (Gewandspange) und einen Grabstein (CIL III 6485 = HD 7391) bezeugt ist. An ihre Stelle trat gegen Ende des ersten Jahrhunderts die Ala I Hispanorum Aravacorum, die ebenfalls durch einen Grabstein (AE 1978, 619 = HD 4750) nachgewiesen ist. Unter Kaiser Trajan (98–117 n. Chr.) kam es zur Teilung der Provinz Pannonien in die westliche Pannonia superior (Oberpannonien mit Hauptstadt Savaria/Szombathely) und die östliche Pannonia inferior (Niederpannonien mit Hauptstadt Aquincum/Budapest). Unter ihm oder seinem Nachfolger Hadrian (117–138 n. Chr.) bezog eine neue Hilfstruppe das Auxiliarkastell.  Der Aufenthalt der Ala I Thracum Victrix ist durch ein Militärdiplom ( AE 1992, 1409 = HD 55810) und einen Ziegelstempel (AE 2006, 1065 = HD 64363) belegt. Sie erbaute anstelle des ersten Holz-Erde-Kastells ein neues, dessen Innenbauten aus Holz und ungebrannten Lehmziegeln bestanden. Die Umwehrung mit Toren und Türmen wurde hingegen in Steinbauweise ausgeführt. Unter Marc Aurel (161–180 n. Chr.) befand sich die Reitereinheit wohl im Krieg gegen die germanischen Stämme, sodass das Lager zur Versorgungs- und Nachschubbasis mit diversen Werkstätten umfunktioniert wurde. Erst unter Septimius Severus (193–211 n. Chr.) erhielt das Kastell wieder seine ursprüngliche Funktion und wurde erneut durch die Ala I Thracum Victrix umgebaut, jedoch in Steinbauweise. Die Heeresreform des Kaisers Gallienus (235–268 n. Chr.) dürfte die Aufgabe des Auxiliarkastells Carnuntum bedeutet haben. Das Militärbad stand allerdings bis ins 4. Jh. n. Chr. in Gebrauch und wurde vermutlich erst im Zuge eines Erdbebens zerstört.

Baugeschichte im Überblick:

  • um 81 n. Chr. Errichtung eines Holz-Erde-Kastells mit Erdwall, Ausrichtung zum Legionslager
  • um 124 n. Chr. Schleifung des Holz-Erde-Kastells, Neubau mit Verschwenkung um 90° mit Ausrichtung der Porta Praetoria feindwärts zur Donau, Errichtung einer steinummauerten Anlage,
  • um die Mitte des 2. Jh. n. Chr. Umbau zu einer Versorgungs- und Nachschubbasis
  • Ende 2./Anfang 3. Jh. n. Chr. Rückbau in ein Reiterkastell
  • im Laufe des 3. Jhs. n. Chr. Aufgabe des Kastells
  • 4. Jh. n. Chr. Zerstörung der Befestigung vermutlich durch ein schweres Erdbeben

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